Um einen ganzheitlichen Blick auf die Zusammenhänge des Weltgeschehens zu erhalten, bedarf es eines Verständnisses dafür, wie in einer globalisierten Welt verschiedene, als getrennt wahrgenommene Phänomene miteinander verbunden sind. Der weltsystemische Ansatz liefert einen Überblick darüber, wie die verschiedenen und als getrennt wahrgenommenen Zusammenhänge des Weltgeschehens miteinander verbunden sind. Beispiele für diese Phänomene sind Welthandelsverbindungen, die Kolonialgeschichte, die Entstehung des Rassismus-Begriffs, Migrationsbewegungen, „Kulturen“-Verständnisse, der moderne Rassismus, Globalgeschehnisse und die heutige Flucht wegen Krieg, Umwelt- und anderen Katastrophen. Auch in der Psychotherapie braucht es einen rassismuskritischen Ansatz. Auf der Basis dieser weltsystemischen Betrachtungsweise bedeutet dies, Rassismus und dessen Wirkmechanismen zu (er-)kennen und einzubeziehen. Die drei Ebenen Welt, Beziehung und Person beleuchten die Folgen von Rassismus auf die psychische und physische Gesundheit. Ursachen sollten nicht individualisiert bei den Rassismuserfahrenen und/oder nur innerhalb deren Familien gesucht werden, sondern vielmehr die Folgen von Rassismus als Verletzung der Würde und Integrität betrachtet werden. Die Tragweite von kolonialen Kontinuitäten und der weiterhin andauernde Rassismus als Risikofaktoren für Selbstregulation, Wohlergehen und Gesundheit müssen anerkannt und als Grundlage für eine neue rassismuskritische Psychotherapie einbezogen werden. Der weltsystemische Ansatz bietet eine Verstehensgrundlage hierfür.